Die anfängliche Euphorie ist verblasst, soviel gleich vorne weg!
Einige wunderten sich schon wieso es beim Thema DryAge’ing und dem Fleischreifeschrank SL 103EU von der Fa. Steaklocker nichts mehr seit Januar zu lesen gab.
Originalbeiträge:
Steaklocker – Dry Aging Fridge (Crowdfounding) Teil 1
Steaklocker – Dry Aging Fridge (Crowdfounding) Teil 2
Anfangs hörte es sich nach dem Invest per Croudfounding und den 2 Jahren vertrösten (Optimierungsarbeiten am Schrank, Fertigungsoptimierung, Panelwechsel, etc.) perfekt an. Mir wurde am 15. Dezember 2016 der Steaklocker nach Nürnberg an den Flughafen geliefert.
Die ersten Tage des Fleischreifens liefen meiner Meinung nach gut ab.
Plötzlich fiel in unregelmäßigen Abständen (mal 30 Minuten, mal 10 Stunden), der RCD (Fehlerstromschutzschalter) unseres Hauses.
Thema RCD (Fehlerstromschutzschalter):
Der Strom (im 230V Hausnetz), welcher durch den RCD geschickt wird und die Elektrogeräte versorgt, läuft im Idealfall über den Neutralleiter (ebenfalls durch den RCD geführt) zurück.
Hierbei heben sich die elektrisches Magnetfelder innerhalb des RCD (auch „FI“) auf und der RCD löst nicht aus.
Sobald über den Schutzleiter, welcher mit dem Gehäuse von elektrischen Geräten der Schutzklasse I (Schutzleiter) verbunden ist (Wikipedia:Schutzklassen) ein Fehlerstrom aufgrund eines Defekts (z.b. beschädigte Isolierung, Kabelbruch) 230V am Gehäuse anliegt, wird der Fehlerstrom über den Schutzleiter „PE“ (grün/Gelb) abgeführt.
Hier erkennt der RCD das ungleiche Magnetfeld und löst aus und es besteht bei Berührung keine Gefahr mehr.
Ein Stromschlag kann tödlich sein!
Ältere Bauobjekte OHNE RCD-Schalter haben hier ein anderes Problem, sie müssen über das Gehäuse soviel Strom ableiten bis die Sicherung auslöst (z.B. 16A), der RCD löst schon bei 30mA (0,030A) selbständig aus.
D.h. ein RCD ist nicht nur Schutz für uns (vorallem auch Kindern), sondern hilft auch beim Brandschutz!
Das hat damit zu tun, das „unvollkommene“, sprich schlechte Erdschlüsse an der Fehlerstelle zwar genug Energie umsetzen um einen Brand zu verursachen, aber lange nicht genug um einen Sicherungsautomaten auszulösen.
Ein moderner RCD reagiert schon auf geringste Erschlüsse und trägt somit auch zum Brandschutz bei!
Soviel mal zum Thema „Was ist ein RCD/FI“.
Nach mehrmaligem auslösen des RCD versuchte ich mehrmals über die Fa. Steaklocker in Texas Unterstützung zu bekommen, ob der neue Reifeschrank die Ursache sein könnte.
Da ich davon ausging, dass ein NEUES Produkt nicht schon nach ein paar Wochen den Geist aufgibt und ich im selben Zeitraum im Haus Steckdosen gesetzt habe (aus einer Steckdose eine 3fach gebohrt), öffnete ich alle 15 Steckdosen, kontrollierte mehrmals ob irgendwelche Leitungen beschädigt sind. Dies war nicht der Fall, da ich hier gewissenhaft und sauber gearbeitet hab.
Somit gings an die Suche nach der Nadel im Heuhafen.
Alle Außensteckdosen am Haus abgeklemmt, jedes Elektrogerät abgesteckt, VDE701/VDE702 Prüfungen an allen Geräten (außer natürlich dem Steaklocker…) durchgeführt, aber der RCD flog weiterhin sporadisch.
Der traurige Nebeneffekt:
Wir waren 1 Tag nicht zu hause, der RCD flog (die Heizung fiel natürlich dann im Winter auch aus), und die Kühlschränke sind natürlich dann auch ohne Strom! Fast 10 kg gefrorener Fisch aus Norwegen (2014) taute an und konnte entsorgt werden. Ebenfalls der Inhalt beider Kühlschranke aus dem Kühlteil (welches einen Stromausfall durch die Isolierung auch nicht ewig überbrücken kann).
Der Steaklocker funktioniert ohne Strom natürlich auch nicht, das Fleisch wurde warm.
Ebenfalls war das Haus auch schön kalt, im Winter ohne Heizung wirds auch nicht wärmer 🙂
Da ich beruflich Elektriker in der Automobilindustrie bin, versuchte ich es auf eigene Faust und öffnete das Gehäuse des Steaklockers.
Die Fehlersuche
Mit einer Kriechstromzange konnte über den Schutzleiter des Steaklockers ein konstanter Fehlerstrom von 5-15 mA gemessen werden. Im Normalfall darf hier kein Fehlerstrom anstehen, deshalb ging es an die Fehlersuche.

Die Rückseite des Steaklockers ist offen, hier ist der „Technikbereich“ verbaut. Sichtbar sind u.A. der Kühlkompressor und die Platine (hinter einer Kunststoffabdeckung verbaut).
Hier fiel mir sofort auf, dass in der Bodenwanne Wasser ist!

Hier ist mit der Markierung 2 das Wasser in der Blechwanne sichtbar. Vermutlich wurde die schwarze Kunststoffwanne nebenan zum auffangen von Wasser geplant, leider funktionierte diese Konstruktion nicht. So floss das Wasser in und über die Isolierung in die Bodenwanne.
Die Markierung 1 zeigt die Stelle an der das Wasser aus dem Innenraum des Reifeschranks herausläuft. Wieso und weshalb hier Wasser rausläuft ist noch nicht erkennbar.
Nach Demontage der Blechblende im Innenraum, hinter dieser sich die 2 Lüfter und das Kühlelement befindet war ich erstmal schockiert.
Hier ist die Durchführung der Leitungen vom Technikraum (Platine) zum Innenraum sichtbar.
Erwartet wurde ein sauber gestanztes Loch, sichtbar wurde aber ein „Durchbruch“, der eher nach Bastlerei als nach Qualitätsarbeit aussieht.
Das Problem ist hier, dass die unsauber geschnittene Durchführung mit ihren scharfen Kanten die Isolierung der Leitungen beschädigen können, dies kann ebenfalls zu einem Fehlerstrom auf das Gehäuse führen.
Nachdem die Isolierungen geprüft wurden und keine Beschädigung sichtbar war, optimierte ich die Durchführung mit Isolierband als Kantenschutz. Dies ist nur als Übergangslösung geplant, falls der Schrank jemals wieder gelaufen wäre hätte hier eine saubere Lösung eingesetzt worden.

Desweiteren war ich von der Reparaturfreundlichkeit des Geräts enttäuscht.
Wie ihr auf dem nächsten Bild sehen könnt gibt es nur eine Steckerfarbe bzw. diese Stecker sind gegenseitig nicht codiert, sprich: ohne die Steckerteile zu markieren hat man nachdem alle getrennt sind keine Chance mehr diese richtig zusammenzustecken!
Was auch recht interessant ist: Mit blau&schwarz wird in den Stecker gegangen, grün&schwarz geht auf der anderen Seite weiter. So lässt sich das passende Steckverbindungs-Gegenstück auch nicht besser finden..

Nachdem alle Steckverbindungen im Innenraum nacheinander getrennt wurden fiel der Fehlerstrom plötzlich auf 0mA.
So kann als Ursache ein biegsames Aluminiumrohr als Fehlerursache festgestellt werden. In dieses Rohr gingen 2 Leitungen hinein.
So öffnete ich den Schrumpfschlauch am Übergang des Kabels zum Rohr und stellte eine Schmorstelle fest.
Im Rohr ist ein Widerstand verbaut, welcher verhindern soll, dass das Kühlelement anfriert („No Frost“). Da dieser Widerstand defekt war, fror das Kühlelement jedesmal an und taute wieder ab, dadurch kam das Wasser im Innenraum und später in der Bodenwanne zustande.

Der Grundfehlerstrom von 15mA kam durch den Kontakt der blanken Litze mit dem Gehäuse des Rohrs und damit verbundenen Kontakts auf das Schrankgehäuse zustande.

Hier sieht man bei Markierung 1 die intakte Isolierung der Litze, rechts bei 2 die abgebrannte Isolierung.
Durch steigende Feuchtigkeit im Steaklocker-Schrank wurde der Kontakt auf das Gehäuse begünstigt, dadurch stieg der Fehlerstrom an und der RCD-Schalter löste aus.
Und so gings weiter
Hier dachte ich, jetzt läuft er bald wieder.
Leider wurde mir seitens der Fa. Steaklocker die Zusendung eines Ersatzteils zugesichert, welches seit Februar nicht ankam.
Auf Emails wird auch nicht mehr reagiert.
So steht seit fast einem 3/4Jahr der defekte DryAgeschrank im Keller und es geht nichts weiter..
Fazit
Was anfangs so gut aussah entpuppte sich doch als ne riesen Bastlerei.
Die fehlende Nähe zum Hersteller (Deutschland <-> San Diego/Texas) und die fehlende deutsche Genauigkeit bzw. Fertigung in China ergaben einen „Reifeschrank“, welcher optisch gut aussieht aber im Herzen, sprich der Technik eine riesen Zauberei ist…..
So wird das Kapitel „Steaklocker – Dry Age Fridge“ geschlossen.